Die Bergretter

„Die Bergretter“: Das wäre auch im echten Leben etwas für ihn gewesen

Seit zehn Jahren ist Sebastian Ströbel in der ZDF-Serie „Die Bergretter“ dabei. Gerade wird die 16. Staffel gedreht. Dörte Rahming hat mit ihm über seine Figur, spektakuläre Stunts und blindes Verstehen gesprochen.

Wie kam die Rolle für „Die Bergretter“ damals zu dir?

Wie es immer so ist beim Glück-Wahrnehmen und Glück-Ergreifen: Man muss bereit sein und natürlich auch etwas dafür tun. Ich habe gesehen, was für eine tolle Chance es ist, und zugegriffen.

Dein Vorgänger in der Serie war enorm beliebt bei den Zuschauern, aber dein Kollege Martin Gruber wollte aus freien Stücken aufhören. Welche Reaktionen gab es, als du die Rolle des neuen Chefs der Bergrettung übernommen hast?

Ich denke, es war positiv-abwartend. Aufregung gab es nur, weil die Figur Andreas Marthaler gestorben ist. Ich weiß, dass die Menschen immer das lieben, was sie kennen, und auch, in welche Emotionen es umschlagen kann, wenn sie sich davon verabschieden müssen. Mir war wichtig, dass ich die Leute überzeuge, dass ich respektvoll mit der Situation umgehe und die Rolle ausfülle. Aber ich selbst bin auch niemand, der liest, was über mich geschrieben wird.

Bergretter Markus Kofler (Sebastian Ströbel) an der Rettungsleine unter dem Helikopter
Bergretter Markus Kofler (Sebastian Ströbel) an der Rettungsleine unter dem Helikopter (Foto: ZDF/Walter Wehner)

Du musst als Bergretter-Schauspieler rein körperlich viel können. Was musstest du dir aneignen?

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Alles, was mit den Bergen zusammenhängt. Ich konnte vorher nicht klettern, habe dafür trainiert und Kurse besucht. Aber mit dem Klettern ist es wie mit dem Reiten: Es braucht lange, ehe man das richtig gut kann … Und ich habe auch gelernt, wie man bei der Bergrettung redet, wie man Kommandos gibt oder den Hubschrauber einweist. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, mich da reinzufinden.

Welche Fähigkeiten hast du damals schon mitgebracht?

Ich denke, es sind das Authentische und die Naturverbundenheit, was ich glaubhaft transportiere und darstelle. Aber es war auch für Markus Kofler eine Entwicklung in die Rolle des Bergretters hinein. Vielleicht ist es ein bisschen vergleichbar damit, wenn man ein Kind bekommt: Da ist man ja auch nicht vom ersten Tag an perfekt, sondern man wächst in alles hinein. Wir arbeiten ja sehr eng mit der echten Bergrettung zusammen – das ist wichtig für unsere eigene Sicherung, aber auch bei Fachfragen. Aber ich suche gern die Überhöhung, gerade bei den Action-Szenen. Wenn wir alles eins zu eins so erzählen würden, wie es in der Wirklichkeit ist, dann würden uns die Leute reihenweise vor dem Fernseher einschlafen.

Du machst sehr viele deiner Stunts selbst – welche nicht?

Das kann etwas ganz Banales sein, zum Beispiel mit einem Stein eine Scheibe einzuschlagen. Dabei ist das Risiko, sich die Hand aufzuschneiden, einfach viel zu groß. Oder manche Stürze – ich mache das ja gern, aber einige sind doch zu gefährlich. Oder auch längere Abfahrten auf Skiern werden mit Doubles gedreht.

Gibt es Szenen, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?

Eine davon ist die, in der Markus gerade von Katharina verlassen wurde, und sein Freund Tobi kommt extra zurück – das war etwas sehr Einschneidendes, Emotionales. Auch Abschiede von Figuren fassen mich an, zum Beispiel der Tod von Jessi, als sie in den Wasserfall gestürzt ist. Oder der letzte Drehtag mit Michael König, als in der 15. Staffel seine Figur Peter Herbrechter starb. Das liegt sicher auch daran, dass wir hier eine sehr intensive Zeit zusammen haben und einem die Kolleginnen und Kollegen ans Herz wachsen.

Victoria Ngotsé (v.l.), Sebastian Ströbel, Michael Pascher und Robert Lohr proben eine Szene in der Bergretter-Zentrale Ramsau.
Victoria Ngotsé (v.l.), Sebastian Ströbel, Michael Pascher und Robert Lohr proben eine Szene in der Bergretter-Zentrale Ramsau. (Foto: Dörte Rahming)

Die Serie lebt von spektakulärer Landschaft und actionreichen Rettungseinsätzen. Aber ihr zeigt ebenso intensiv Freundschaft und Zusammengehörigkeit, auch und gerade in schwierigen Situationen.

… und Loyalität, ja. Ich glaube, das ist einer der Gründe, weswegen es so authentisch ist. Zum einen gibt es ja die Bergrettung wirklich, allerdings sind es dort alles Freiwillige. In Deutschland und Österreich gibt es viel ehrenamtliches Engagement, und aus diesen Gemeinschaften entsteht Verbundenheit. Und zum anderen müssen wir uns im Team aufeinander verlassen können, denn wir drehen in alpinem Gelände. Und manches Private, was uns verbindet, können wir auch vor die Kamera holen.

Ein deutliches Beispiel ist, wenn Bergretter Markus Kofler mit seinem Kollegen Tobias Herbrechter interagiert: Das ist zum Teil blindes Verstehen ohne viele Worte. Wie viel spielt ihr – oder was ist einfach vorhanden?

Sehr viel davon ist da. Und natürlich spielt es sich leichter, wenn man gut miteinander kann. Die lange Zeit, die wir hier alle miteinander verbringen, verbindet ungemein. Inzwischen sind viele Abläufe natürlich gewohnt, aber es ist immer noch keine Routine. Für mich ist dieser Prozess genauso wichtig wie das Produkt, was wir schaffen. Und das wird gut, eben weil wir dieses Miteinander vorher so leben. Mir macht es wahnsinnig viel Spaß, und ich lege großen Wert darauf, dass sich die Leute hier gut verstehen.

Was ist am anstrengendsten beim Drehen?

Das ganze Projekt ist anstrengend, mental und körperlich, denn wir haben ein sehr hohes Pensum. Außerdem wird ständig der Drehplan umgeworfen, weil wir so abhängig vom Wetter sind. Wir müssen enorm flexibel sein. Bei mir kommt noch das Reisen dazu, weil ich jedes Wochenende bei meiner Familie in Hamburg sein möchte. Aber es gibt mir ja auch viel zurück.

Du hast mal von der Verantwortung des Hauptdarstellers gesprochen. Was macht die aus?

Sehr viel – und sie kostet viel Energie. Es ist ja nicht so, dass ich nur meinen Stiefel runterspiele, es ist viel mehr. Ich kann mir vorstellen, wenn man einen Chef hat, der jeden Tag mit schlechter Laune ins Büro kommt oder das gemeinsame Produkt schlechtmacht, das zieht doch jeden runter. Meine Verantwortung ist es, alle zu animieren. Denn wir verlangen viel von den Leuten, da muss man auch etwas zurückgeben. Mir ist es wichtig voranzugehen und den Kollegen das Gefühl zu geben, dass es nicht egal ist, was wir hier machen. Es ist immerhin Lebenszeit, es macht Spaß, und es hat eine Relevanz für die Zuschauer.

Was macht so eine auf Dauer angelegte Rolle wie diese mit einem Schauspieler?

Sie verändert einen. Bei einem Einzelfilm versucht man in der Vorbereitung, der Rolle so nahe wie möglich zu kommen. Je länger man aber eine Person spielt, desto mehr spürt man, dass sie anfängt abzufärben. Ich bin vielleicht dadurch selbstbewusster geworden oder mutiger und eher bereit, meine Haltung zu vertreten. Mir geht es immer um das Vereinende, und das habe ich ein stückweit dem Markus Kofler zu verdanken. Manchmal hat man in seinem Leben etwas, das noch nicht richtig hervorkommt. Dann braucht es eine Initialzündung oder etwas, das einen bestärkt, sich genau das zuzutrauen und mehr davon zu machen. Ein bisschen hilft natürlich auch die Zeit: Je älter ich bin, desto mehr ist mir egal, was andere von mir denken – und das macht mutiger.

Wäre die Bergrettung im echten Leben etwas für dich gewesen?

Auf jeden Fall könnte ich mir das vorstellen. Wir machen in der Serie einen Hauptberuf daraus, in der Realität ist es ja ein Ehrenamt. Ich finde jeden Freiwilligendienst enorm wichtig, da stecken so viele Menschen so viel Leidenschaft, Geld und Zeit hinein.

Neben alldem hast du auch andere Filme gedreht, zum Beispiel den Zweiteiler „Herzstolpern“.

Ja, darin ging es um zwei Jugendliche mit Down-Syndrom. Das war sehr bewegend und bereichernd. Und das Thema hat offenbar den Zeitgeist getroffen: Ich habe selten so viel und vor allem positives Feedback bekommen. Die Menschen waren dankbar, dass so ein Thema angesprochen wurde. Es hat gezeigt, wie wichtig es ist, niemanden zu vergessen.

Sebastian Ströbel als Markus Kofler mit der Bergretter-Ausrüstung
Sebastian Ströbel als Markus Kofler mit der Bergretter-Ausrüstung (Foto: ZDF/Thomas R.Schumann)

Zur Person

Sebastian Ströbel ist 1977 in Karlsruhe geboren. Seit seiner Ausbildung am Mozarteum in Salzburg hat er in zahlreichen TV-Filmen und -Serien mitgewirkt. Seit 2014 verkörpert er Markus Kofler, den Chef der Bergretter in Ramsau am Dachstein in der erfolgreichen ZDF-Serie „Die Bergretter“. Alle Staffeln der Serie sind in der ZDF-Mediathek abrufbar. Ströbel lebt in Hamburg, ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

Source: https://www.nbcnews.com/
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